Das Buch des Monats - Kommentiert von Michael Schneider

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Michael Schneider
 

Der verborgene Gott

Patristisches Zentrum Koinonia - Oriens e.V., 1998.Edition Cardo; Bd. 22, ISBN 3-933001-14-5,   Preis: 6.00 €

 

Was für viele Glaubende zur Grunderfahrung ihres geistlichen Lebens wurde, bereitet dem modernen Menschen eher Qualen und Krankheiten. Entfremdung, Einsamkeit, Schweigen, Scheitern, innere Leere, Armut und Nichtwissen sind für den Menschen von heute keine erstrebenswerten Erfahrungen. Andererseits üben solche Erfahrungen auch eine große Faszination auf den heutigen Menschen aus, denn er findet in ihnen manches von dem wieder, worunter er selber leidet.

 

Von dogmatischer Seite ist die Problemlage nicht minder komplex. Obwohl des öfteren auf die Erfahrungen von Gottesferne und Glaubenszweifeln, von Not und Leid im Leben zahlreicher Christen hingewiesen wird, kam es bisher nur bruchstückhaft zu Versuchen, diese Erfahrungen in ihrer christologisch - ekklesiologischen Relevanz zu bedenken. Die Dogmatik spricht von Glaube und Unglaube, doch nur selten vom konkreten Prozeß, in dem beide stehen. Ein Grund dafür mag darin liegen, daß mystische Erfahrung sich nicht gleich in Lehrsätzen ausdrücken und vermitteln läßt, sondern durch Erzählen und Beschreiben.

Schließlich fällt auf, daß viele Viten von Heiligen meist ausführlich und eingehend die Wege der Gottesbegegnung beschreiben, aber die Erfahrungen von Trostlosigkeit, Leid, Gottverlassenheit und »dunkler Nacht« am Rande bleiben. Anders scheint es sich bei den Mystikern zu verhalten, hier sind recht zahlreiche Erfahrungen des dunklen Gottes bezeugt. Wir finden sie bei Angela von Foligno, Mechthild von Magdeburg, Seuse und Tauler, Margarete Ebner, Caterina von Siena, Hilton, Marie de Vallées, Magdalena von Pazzi, Rosa von Lima und vielen anderen. Sie alle berichten davon, wie sich auf ihrem Lebensweg eine von allen Seiten undurchdringliche »Mauer aus Stahl« erhob. Das Herz lebt, wie Hadewych von sich sagt, »in Verzweiflung«. Ähnliches erfährt Ignatius von Loyola während seines Aufenthaltes in Manresa. Der junge Franz von Sales hält sich sogar für verdammt und gibt Gott eine schriftliche Erklärung ab, ihm selbst in der Hölle dienen zu wollen. Auch Luther ist hier zu nennen. In der vorliegenden Schrift werden diese Erfahrungen auf ihren theologischen Gehalt hin bedacht und ausgewertet.