Georges Bernanos

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Was ist mein Leben! Ich wünsche nur, dass es bis zum Ende dem Kind, das ich war, treu bleibe.

Wenn man einmal die Kindheit verlassen hat, muss man lange leiden, um wieder dorthin zurückzukehren, so wie man ganz am Ende der Nacht ein neues Morgenrot wiederfindet.
Ich glaube nur an das, wozu ich mich überwinden muss. Ich habe nichts Brauchbares in dieser Welt getan, was mir nicht zunächst nutzlos erschienen wäre, nutzlos bis zur Lächerlichkeit, nutzlos bis zum Ekel. Der Dämon meines Herzens heißt - wozu?
Man verliert nicht den Glauben, er hört auf, dem Leben Form zu geben, das ist alles. Und darum haben alte erfahrene Lenker der Herzen nicht unrecht, wenn sie gegenüber geistigen Krisen ihre Zweifel hegen; denn sie sind gewiss viel seltener, als man behauptet.
Wir haben uns immer etwas ausgedacht, unsere Leiden haben wir uns ausgedacht und unsere Freuden, und das Leben haben wir uns ausgedacht, anstatt es zu leben.
Denken wir daran, dass Satan aus einem zu langen Gebet oder einer zu harten Kasteiung seinen Vorteil zu ziehen versteht. 
Bei einem wirklich liebenden Wesen wiegt das Stammeln eine ungeschickten Geständnisses schwerer als das schönste Gedicht. Und wenn man es richtig überlegt, ist dieser Vergleich keineswegs unangebracht, denn das Sterben des Menschen ist vor allem eine Handlung der Liebe.
Das christliche Europa hat sich seines Christentums entledigt, wie ein Mensch sich der Vitamine entledigt.
Nach zwanzig Jahrhunderten Christentum, da dürfte es doch keine Schande mehr bedeuten, arm zu sein! Nein, ihr habt euren Christus geradezu verraten.
Die Sünde dringt selten mit Gewalt in uns ein, sondern mit List. Sie kommt herein wie die Luft. Sie hat keine Form, keine Farbe, noch Geschmack, die ihr eigentümlich wären, sie nimmt sie aber alle an. Sie unterhöhlt uns von innen.

Die Kirche verfügt über die Freude, über den ganzen Anteil von Freude, der dieser traurigen Welt beschieden ist. Was man wider die Kirche tut, hat man wider die Freude getan.
Die Heiligkeit ist auf keine Formel zu bringen, oder vielmehr: auf alle. Sie umschließt und überhöht sämtliche Kräfte, sie verwirklicht die in eine einzige Ebene hinabgezwungene Verdichtung der allerhöchsten Fähigkeiten des Menschen. Um die Heiligkeit auch nur zu erkennen, bedarf es einer Anstrengung, einer Teilnahme gewissermaßen an ihrer Lebensform, an ihrem unsäglichen Aufschwung.
Ich bilde mir nicht ein, mein Leben zu führen. Niemand, außer den Heiligen, hat je sein Leben geführt. 
Es ist leichter, als man glaubt, sich zu hassen. Die Gnade besteht darin, dass man sich vergibt. Wenn aber aller Stolz in uns gestorben wäre, dann wäre die Gnade der Gnaden, sich selbst demütig zu lieben als irgendeinen, wenn auch noch so unwesentlichen Teil der leidenden Glieder Christi.
Es ist sehr schwer, sich zu verachten, ohne Gott in uns zu verletzen.
Das Gebet ist überhaupt die einzige Form der Revolte, die den Kopf aufrecht trägt.
Wenn du im Vorübergehen eine Wahrheit antriffst, sieh sie dir genau an, so dass du sie wiedererkennen kannst, erwarte aber nicht, dass sie dir zublinzelt. Die Wahrheiten des Evangeliums blinzeln nie.