Johannes Bours

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Die Beschwerden des Alters machen sich mehr und mehr bemerkbar. Aber diese letzte Zeit, die uns noch bleibt, trägt in sich eine große Chance: eine vielleicht bisher nicht gekannte demütige Lebenswahrhaftigkeit vor Gott in uns aufkommen zu lassen. Ich denke an das Wort im zweiten Korintherbrief: Wenn auch unser äußerer Mensch aufgerieben wird, der innere wird Tag für Tag erneuert. Eine Erneuerung, die nicht mehr unsere Leistung ist, sondern ein Geschenk in unsere leeren Hände hinein.
Werde nicht müde, dich von Gott in Verwunderung setzen zu lassen. Bring deine Frucht in Beharrlichkeit! Gib Zeugnis für die Macht der Treue.
Erwartet vom Tage nicht, was nur Jahre geben können. Vergesst aber auch nicht, dass Jahre aus Tagen bestehen. 
»Es ist gut, dir täglich eine Viertelstunde zu widmen, auf den Knien, und wäre es nur, um sie für dich zu verlieren, man verliert noch andere. Und doch scheint uns nur die Zeit zu reuen, die wir dir schenken - als könnten wir nützliche Arbeit verrichten, ehe wir Jegliches von dir empfangen« (Maurice Blondel).
Gott will durch mich leben ... Wenn ich das zulasse, werde ich immer mehr lernen, von innen nach außen zu schauen.
Gott träumt einen Traum: dass da ein Volk auf der Welt wäre, das ganz mit ihm lebte! Ein Volk, das ihm ganz vertraute, das in seiner Liebe und Gerechtigkeit lebte. Aber, das zeigt die Erfahrung: Nur Gott allein kann zuletzt diesen Traum Wirklichkeit werden lassen.
Ich kann mir nicht vorstellen, was mein Leben wäre, wenn ich dies nicht sagen könnte: Ich freue mich, dass Gott an mich gedacht hat!

Wir müssen das Ohr nahe am Wort des Evangeliums haben, um immer neue Wegweisung zu erfahren.
In jedem von uns ist dieser tiefe Wunsch: die Verlässlichkeit des Wohlwollens!
Wenn wir die Fenster einer Kathedrale von außen sehen, dann sehen wir nur graue Scheiben und sonderbare Bleilinien. Wenn wir aber in das Innere der Kathedrale gegangen sind, dann geht uns auf, welch wunderbarer, kostbarer »Schrein« dieses Gehäuse ist. 
Man erfährt nur etwas von Gott - aus Gnade -, wenn man sich existentiell auf ihn einlässt. Wir werden am ehesten etwas von Gott erfahren, wenn wir uns auf einen »Zug« im Wesen Gottes einlassen, der - so meine ich - heute deutlicher als zu anderen Zeiten hervortritt: die Wehrlosigkeit seiner Liebe. 
»Der goldene Schlüssel«: nämlich die Kunst, sich in Gott zu verlieben. 
Bevor die Sonne sinkt, will ich Dir herzlich danken. Die Zeit, die Du mir lässt, will ich Dir Lieder singen.