Franz von Sales

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Zwei Grundsätze: »Alles aus Liebe, nichts aus Zwang« und: »Hätte eine Handlung hundert Gesichter, so sollst du das schönste ansehen.« 
Ich beschwöre dich, niemals weder offen noch heimlich von irgend jemandem lieblos zu reden. 
Wenn man auch vorsichtig sein muss, um nichts Böses vom Nächsten zu sagen, so muss man sich ebenso vor der anderen Übertreibung hüten, das Schlechte zu loben. 
Klage so wenig wie möglich über erlittenes Unrecht. Wer sich beklagt, kommt gewöhnlich nicht ohne Sünde davon. Denn die Eigenliebe lässt uns die Beleidigung meist größer erscheinen, als sie ist.
Sag und tu alles, was zu sagen und zu tun ist, in freundlicher Stimmung. 
Wir sollen jedem Menschen mit herzlicher Teilnahme begegnen, aber wir sollen Freundschaft nur mit solchen schließen, die uns im Guten fördern. 
Die kleinen Versuchungen sind so unermesslich an Zahl, dass der Sieg über sie dem Sieg über große Versuchungen gleichkommt. Es mag leicht sein, einen Mord zu unterlassen, aber es ist schwer, kleine Zornausbrüche zu unterdrücken. 

Die christliche Vollkommenheit besteht darin, das zu wollen, was Gott will. 
Hüte dich vor Eile, vor Traurigkeit und Ängstlichkeit. 
Sei einfach! 
Alles, was nicht Gott ist, ist nichts. Nichts aber kann dem genügen, dem Gott nicht genug ist. 
Gewiss, du sollst immer nach dem Höchsten streben, aber mit Maß, mit Ruhe und mit Geduld. 
Wir verlangen manchmal so sehr, Engel zu sein, dass wir darüber vergessen, gute Menschen zu sein. 
Liebe die unauffällige Tugend! 
Deine Frömmigkeit sei liebenswürdig! - Deine Frömmigkeit darf niemand lästig fallen. 
Lass die Welt sagen, was sie will; du liebe deinen Gott von Herzen! - Sage oft für dich: Mir genügt es, dass Gott Gott ist und dass seine Güte unendlich, seine Vollkommenheit unermesslich ist. Ob ich lebe oder sterbe, meine Liebe lebt in ewiger Herrlichkeit. 
Wenn meine Liebe wirklich dem Heiland gilt, warum sollte ich ihn da auf Kalvaria nicht ebenso innig lieben wie auf Tabor? Er ist ja hier wie dort zugegen. So kann ich an beiden Orten sprechen: »Hier ist gut sein« (Mt 17,4). 
Wer beim Beten auf sein Gebet achtet, der ist nicht ganz gesammelt. Denn er wendet seine Aufmerksamkeit von Gott ab und seinem Gebet zu. Sogar das Bemühen, jede Zerstreuung zu meiden, führt oft zu großer Zerstreuung. Einfalt ist das beste im geistlichen Leben. 

Ein hervorragender Lautenspieler wurde plötzlich taub. Da er jedoch große Fertigkeit in seiner Kunst erworben hatte, beeinträchtigte sein Gebrechen nicht die Schönheit seines Gesanges und seines Spieles. Nur hatte er selbst keine Freude mehr an seinem Musizieren, da er es nicht hörte. So sang und spielte er einzig zur Freude seines Fürsten... Dem Sänger war nur eines wichtig; den Willen seines Herrn zu tun. Darum gab er sich beim Singen und Spielen so große Mühe, als ob der Fürst anwesend wäre, obwohl es ihm selbst nun keinerlei Freude gewährte. 
Wo man liebt, kennt man keine Mühe. 
Lieben heißt lieben wollen; beten heißt beten wollen.