Romano Guardini

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Soviel ich den Willen des Vaters erkenne, soviel erkenne ich darin, wer ich bin. Denn wer ich bin, das ist in diesem Willen enthalten. Mein Name ist sein Wille über mich.
Nur der gesammelte Mensch ist wirklich ein Jemand. Nur er kann wirklich angeredet werden und vermag zu antworte.
Handeln bedeutet, dass ich etwas vollbringe, was nicht ohne weiteres in mir angelegt ist.
Das ist aller Gastfreundschaft tiefster Sinn: dass ein Mensch dem anderen Rast gebe auf der großen Wanderschaft zum ewigen Zuhaus.
Es gibt Bereiche in mir, die werden überhaupt nur im Gottesverhältnis wirklich. Mein Letztes lebt nur im Liebesblick Gottes. 
Was von Gott kommt, kommt meist in der Form des Beginnens, nicht der fertigen Wirkung. Gott wirkt nach der Weise des Lebens: Er rührt an und löst Bewegung aus; er legt einen Samen, der keimt, wenn es Zeit ist; er senkt eine Gestalt ein, die langsam durchdringt.
Wenn ich zu Gott komme, so komme ich als der, der ich bin; wissend, dass ich keinen Doppelgänger habe, und mein Wort, das ich zu Gott spreche, von niemand sonst gesprochen wird, weil das, was er mir gibt, nur mir gegeben ist.

Das Leben gerät viel besser, wenn man nicht so viele Absichten hat! Dem Menschen, der immer etwas bezweckt, sperren sich die Dinge. Und erst die Menschen!
Wenn das Gebet zu kurz ist, bekommt es den Charakter des Unwichtigen. Es wird unehrerbietig. 
Wir müssen uns selbst in Ehren halten. Der Mensch muss sehr demütig sein; in Furcht wegen seiner Schwäche, in Reue über seine Sünden - aber er muss auch wissen, dass er das innigste Geheimnis Gottes ist. Er muss sich sehr in Ehren halten.
Am Ende wird der Mensch ein unsägliches Geheimnis sein: Ganz gottähnlich, und ganz menschlich. Unaussprechlich schön und groß. Der Mensch ist Gottes Freude.